Am Anfang war das Wort. Kunstkönner. Ursprünglich als Witz gedacht – ein Freund sagte dieses eine Wort auf meine Frage, wie ich denn wohl den Zusammenschluss mit Marlis Sauer nennen könnte. Kunstkönner. „Ihr könnt das doch“, meinte er. Tja, da liegt die Latte jetzt natürlich ziemlich hoch, dachte ich, und denke ich oft heute noch. Aber da stand es nun. Im Raum und auf dem Brainstorming-Zettel. Kunstkönner. Also gut, dann heißen wir jetzt so, dachte ich – und sagte es Marlis. Sie fragte: Ist das ein Witz? Dann überlegte sie kurz und meinte: Naja, jedenfalls kein ganz schlechter. Damit war der Name geboren.

Zwei sind ein Team

Zu Beginn haben Marlis und ich zu zweit gearbeitet und mehr aus persönllicher Ambition heraus Kulturprojekte gemeinsam ausgedacht, angestoßen und umgesetzt. Das ist das Beste an einem kleinen Team (und zwei sind nun das wirklich denkbar kleinste Modell von „Team“): Entscheidungen werden schnell gefällt, Aufgaben direkt verteilt, und im Idealfall wird die Arbeit auch sofort angepackt. Das ist Effizienz, die ich mir in größeren Zusammenhängen oft wünsche! Marlis und ich tickten da – und ticken immer noch – sehr ähnlich. Glücklicherweise. Wir waren und sind ein wirklich gutes Mikro-Team. (Danke an der der Stelle, liebe Marlis :-))

2017: „Flagge zeigen“ mit dem LVR in Bonn

Das alles spielte sich 2016 ab; warum wollten wir uns denn eigentlich überhaupt irgendwie nennen, könnte man sich jetzt vielleicht fragen. In dem Moment ging es einfach darum, potenziellen Kooperationspartnern oder Auftraggebern gegenüber gemeinsam auftreten zu können. Und so haben wir dann im Frühjahr/Sommer 2017  schon ein erstes großes, wirklich interessantes Projekt entwickeln dürfen. Gemeinsam mit dem und zugleich auch im Auftrag des Landschaftsverbands Rheinland setzten wir im Rahmen der Quartiersentwicklung in Bonn-Villich eine Kunstaktion um. Unser Auftrag: Menschen mit Beeinträchtigungen, die in einer Wohngruppe zusammen lebten, mit Kindern aus den benachbarten Schulen gemeinsam künstlerisch aktiv werden lassen. Wir nannten das Projekt: „Flagge zeigen!“. Marlis hat hervorragende Kontakte in die Szene bildender Kunstschaffender. Sie leitete 25 Jahre lang die Jugendart-Galerie im Auftrag des Schulamts der Stadt Köln, und gemeinsam mit bildenden Künstlerinnen und Künstlern hat sie so über die Jahre viele, großartige Projekte an Schulen im Großraum Köln initiieren können. Wir überlegten, wer für unser Projekt in Bonn passend sein und Spaß daran haben könnte – und fragten Thomas Baumgärtel an. Der sogenannte Bananensprayer hat ein großes Atelier in einem Industriepark in Köln-Dellbrück, also direkt um die Ecke der kunstkönner-Zentrale im rechtsrheinischen Köln. Marlis ist schon lange mit Thomas befreundet, und er sagte sofort zu, als wir ihn fragten, ob er sich eine Kooperation vorstellen könne.

Langsam nahm unser Projekt „Flagge zeigen“ auch inhaltlich Gestalt an: Wir wollten verschieden große Flaggen besprühen; mit Motiven der Jahreszeiten sollten vier große Flaggen gestaltet werden, und alle Kinder und alle Bewohnerinnen und Bewohner des Wohnparks sollten dann auch noch die Möglichkeit bekommen, kleine Wimpel selbst zu besprühen. Die fertigen Kunstwerke könnten sie dann entweder mitnehmen – oder eben für eine Wimpelkette zur Verfügung stellen, die an einem der Hauptgebäude des Wohnparks angebracht werden sollte.

Das Projekt wurde im Frühsommer nach etwa achtwöchiger Vorbereitungszeit in de Tat umgesetzt. Thomas Baumgärtel gestaltete mit vielen Dutzend Kindern aus der den umliegenden Schulen und mindestens genauso vielen Bewohnerinnen und Bewohnern der LVR-Wohngruppe Flaggen. Ein voller Erfolg! Das war unser erster Aufschlag als kunstkönner. Damals waren wir noch kein Verein.

2018: KunstKilometer – Kunst umsonst und draußen

Ein Jahr später, 2018, haben wir dann ein weiteres großes Projekt inszeniert, diesmal in Bensberg rund um das Schloss, mit Blick über Köln und das Rheintal. In der Bensberger Innenstadt und auf dem Schlosshof selber haben wir gemeinsam mit der Interessengemeinschaft Bensberger Handel einen „Kunstkilometer“ ausgerufen. Das heißt, wir haben auch wieder den öffentlichen Raum genutzt als Projektionsfläche für Kunst und Kultur. Eines der Hauptanliegen der kunstkönner: Kunst zu den Menschen zu bringen, sie dort damit zu konfrontieren, überraschen, erfreuen, wo sie sich aufhalten. Und das geht im öffentlichen Raum eben am einfachstern und unbürokratischsten. Für den Bensberger Kunstkilometer haben wir Künstlerinnen und Künstler, Kunstschaffende, Kulturschaffende aus der Region angeschrieben und gefragt, ob sie Lust hätten, mitzumachen und ihre Kunstwerke im öffentlichen Raum zu zeigen. Und zwar an Straßenlaternen: Wir haben Plakate drucken lassen, wetterfest, mit den Kunstwerken der verschiedenen Kunstschaffenden darauf, dann haben wir dies Plakate an den Straßenlaternen befestigt. So konnten Interessierte 24 Stunden am Tag, bei Wind und Wetter, nach Lust und Laune diese Kunstwerke in einer Art „Open Air-Galerie“ anschauen. Das war der erste Bensberger Kunstkilometer – eine vielschichtige, fordernde und zugleich bereichernde Aktion, die viel Spaß und auch viel Arbeit gemacht hat und uns „Kunstkönner“ noch mehr zusammangeschweißt hat.

2020: Literaturo – anders als die Lit-Cologne

Und eine Sache wurde schon zu dem Zeitpunkt immer deutlicher: Uns für den künstlerischen Nachwuchs, für frische Talente, für Kinder und Jugendliche einzusetzen, ist uns ein großes Anliegen. So entstand 2019 die Idee, ein Lese- und Literaturfesival in Köln ins Leben zu rufen, das sich von dem, was es mit der Lit.Cologne ja bereits gibt, wesentlich unterscheidet. Nicht nur zuhören und zusehen, sondern mitmachen und selbst gestalten, das war das erklärte Ziel der“Literaturo“. Wieder ein seltsamer Name, der in dem Fall mit dem Veranstaltungsort zusammenhing: Der Arturo Schauspielschule im Kölner Süden. Ein 3000 Quadratmeter umfassendes Gebäude, viele Räume mit der perfekten Größe für Workshops mit Schulklassen und Kita-Gruppen. Es sollten Kreativ-Impulse aus vielen Genres des Storytellings geboten werden: Schreiben, Illustrieren, Audio- und Videoproduktion, Theaterbühne, Performance Art, Rap. Etwa ein halbes Jahr lang brachte ich alle zusammen, die dazu beitragen konnten und wollten, suchte und fand begeisterungsfähige Geldgeber. Um auch öffentlich gefördert werden zu können, wanndelten wir die Kunstkönner in einem Verein um und beantragten die Gemeinnützigkeit. Anfang 2020 stand alles: Vereinsstruktur, Räumlichkeiten, Kunst- und Kulturschaffende, die die Kinder in den Kreativimpulsen anleiten und begleiten würden. Und dann kam Corona.

Pandemie: Scheitern und Chance zugleich

Die Pandemie machte uns einen Strich durch die Rechnung. Wir verschoben den im Frühsommer 2020 geplanten Start der „Literaturo“. Erst auf Ende des Jahres, dann aufs nächste Jahr, dann noch einmal aufs Jahresende – dann sagten wir ganz ab. Einen Begegnungsort für mehrere tausend Kinder zu schaffen in diesen Zeiten, in denen sich die Corona-Regeln gefühlt täglich änderten – unmöglich. Aber die Idee aufgeben? Auf keinen Fall! Wie aus der „Literaturo“ unsere „Lichtgeschichten“ wurden, erzähle ich im nächsten Artikel.

Autorin: Daniela