So ist das mit den Geistesblitzen. Sie kommen unverhofft, wie aus dem Nichts, aber dann, wenn sie dich erwischt haben, lassen sie dich auch nicht mehr los. Sie sind die Initialzündung für eine Idee, einen Plan – das kann man mehr, mal weniger gut ausgehen. Aber ganz klar ist: Einen solchen Geistesblitz ignorieren, das geht nicht.

Annika Demmer hatte so einen Geistesblitz. Das ist schon ein paar Jahre her: Als er sie getroffen hat, studierte sie noch nachhaltiges Design in Köln. Anni ist Geschichtenerzählerin durch und durch. Ihre Art, Storytelling zu betreiben, ist es, Stift und Papier in die Hand zu nehmen und Bilder zu suchen, zu finden, zu sehen und zu zeigen. Oder eine Lampe anzuknipsen. Oder auch zwei. Denn sie erzählt gern mit Licht und Schatten, als Projektionskünstlerin. Beim Zeichnen, Illustrieren, Konzipieren, Phantasieren, Ausleuchten und Nachjustieren fragte sie sich: Wie großartig wäre es, wenn ich eine Leinwand hätte, die 360 Grad umfasst? Und die Projektionsfläche sein könnte für all das, was ich gern zum Ausdruck bringen möchte, und die sich jede und jeder in seinem ganz eigenen Tempo anschauen dürfte? Die Idee für die Laterna Magica war geboren. Es sollte 10 Jahre dauern, bis sie Realität wurde.

Wir haben Anni selbst gefragt, wie sie auf die Idee für die Laterna gekommen ist – hier ihre Antwort:

„Die Laterna Magica ist seit ja fast 10-12 Jahren in meinem Kopf, und damals hieß sie ja natürlich noch nicht so. Sondern für mich war’s immer total wichtig zu experimentieren und neue Sachen zu finden. Ich habe Illustration studiert und gleichzeitig aber auch als Lichtkünstlerin gearbeitet und als Hobby tatsächlich einfach jongliert und habe ich in der Szene vom Neuen Zirkus bewegt, die immer weiter wächst. Viele Freunde von mir sind Artisten, und durch diese Connection und die Begeisterung dafür bin ich dazu gekommen, Projektionen für die Bühne zu machen.

Was mich bei der Arbeit aber total gestört hat, ist, dass die Projektion ganz oft zweidimensional geblieben ist. Ich hab da mit Modellen gearbeitet und die abgefilmt; zu der Zeit war ich auch sehr viel auf Zirkus-Festivals und Straßenkunst-Festivals unterwegs, und die Idee war immer, das zu schaffen, wie auf meine Art auch Teil dieser unglaublich bunten, großartigen, fantastischen Welt sein kann.

Ich hab das selber immer so unfassbar genossen, verzaubert zu werden und in eine völlig neue Welt entführt zu werden.

Und ich fand das in meinem Metier immer störend, dass es oft in diesem zweidimensionalen Raum geblieben ist, bei Illustrationen. Klar hebt man das mit Projektion auf, und auch wenn man Modelle abfilmt und auf dreidimensionale Dinge projiziert, aber ich fand diese Beeinflussung von Artistik, von Neuem Zirkus, und die Verschmelzung von Theater und Artistik und Bildern, und ja, ich dachte, Bilder können sehr sehr viel. Aber es ist auch total wichtig, den Betrachter mitzudenken, und auch der Betrachter kann viel mehr, wenn er sich selber in Bewegung setzt und nicht nur konsumiert. Und dieses Zweidimensionale hat immer dazu eingeladen, dass man sich so zurücklehnt und konsumiert, aber ich glaube, das macht den Geist ein bisschen träge. Und das will ich nicht!

Ich wollte keine trägen Geister!

Sondern ich wollte, dass die Menschen sich ihre eigene Geschichte erschließen. Und ich wollte etwas schaffen, was sich jeder selber erschließen kann. Auch je nachdem, welche Größe er hat… Also ich wollte eine dreidimensionale Leinwand schaffen durch die Menschen Sachen entdecken können; ihren eigenen Weg dadurch gehen können; rumlaufen können. Dass Kinder ihren Eltern was zeigen können, was Eltern vielleicht im erst Moment gar nicht so sehen, weil sie eine andere Blickhöhe haben. Und wenn man als Betrachter völlig gleichberechtigt davor steht, dass Kinder nicht erzählt bekommen müssen, was da gerade passiert, sondern die auch selber Erwachsenen erzählen können. Dass sich das jeder auf seine Art selbst erschließen kann.

Dazu kommt noch, dass Schattentheater mich immer unfassbar fasziniert hat.

Also indonesisches Schattentheater, bewegtes Schattentheater – nicht mit Menschen, sondern mit Figuren, mit Schattenrissen. Lotte Reiniger ist ein Riesenvorbild – die großartige Künstlerin hier aus Deutschland. Es gibt natürlich modernere Ansätze, aber auch noch nicht so viele. Und das finde ich immer sehr spannend, wenn ein Bereich noch nicht so sehr erforscht ist und es noch viele weiße Flecken auf der Landkarte gibt die man noch erforschen kann. Das hat mich immer sehr gereizt in der Kombination, in den Raum reinzugehen. Und die Nähe zur Bühne und wie kann man Bühnensituationen auflösen, wie kann man Betrachter in Aktion versetzen und das ist alles noch reingeflossen in diese Idee von:

Wie kann ich Menschen mit Licht verzaubern und reinholen und sich ihre eigene Welt erschließen lassen?!

Und das ist zehn Jahre in meinem Kopf gewachsen und das habe ich von Straßenkunst-Festival zu Straßenkunst-Festival mit mir rumgetragen, und es kamen immer wieder neue Einflüsse dazu und neue Maschinen, die ich gesehen hab, neue Shows, die ich gesehen hab, neue Verknüpfungen, die ich irgendwie gesehen hab – und immer weiter ist es gewachsen. Und irgendwann hab ich mit meinem Vater darüber gesprochen, wie man das tatsächlich auch umsetzen kann, ich hab mit Künstler-Agenturen gesprochen, ich hab mich beraten lassen – und dann kam Daniela auf die großartige Idee, das fördern zu lassen. Und dann haben wir richtig dran gearbeitet…“

Hier kannst du dir Annis Antwort auch anhören: